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Aufnahmetechnik

Wer die Bilder sieht, fragt unwillkürlich: Wie kann denn so eine Aufnahme entstehen? Braucht man dazu eine Profikamera und Ausrüstung für viele tausend Euro?

Nein, sicher nicht, man kann mit einer kompletten Ausrüstung inkl. Kamera für wenige hundert Euro auskommen…zumindest für den Anfang. Hat man sich allerdings erst einmal in das Thema verbissen, sieht man plötzlich viele Dinge, die ganz praktisch wären, die Arbeit erleichtern und viele Aufnahmetechniken erst ermöglichen.

Ursprünglich hatte ich außer der Kamera und einem Blitzgerät keine weiteren elektronischen Hilfsmittel. Ein zufriedenstellendes Bild pro Arbeitstag machte mich glücklich. Später legte ich mir eine einfache Lichtschranke zu, die schon gute Ergebnisse erbrachte und die Reproduzierbarkeit deutlich erhöhte. In der Zwischenzeit arbeite ich mit dem elektronischen Steuergerät Joker2 von eltima-electronic, mit dem ich außer Kamera und Blitz noch bis zu 4 Ventile steuern kann und zwar jeweils auf die Millisekunde genau, bei Bedarf noch exakter.

Für ein einfaches Schirmchen, das durch 2 im richtigen Abstand abgeworfene Wassertropfen entsteht, müssen ca. 30 Parameter passend eingestellt werden. Durch die elektronische Steuerung wird die Reproduzierbarkeit deutlich erhöht und es entsteht mit viel Glück bei fast jeder 2. Aufnahme ein Schirmchen, aber trotz aller Technik nur selten die schöne und gleichmäßige Struktur, die man sich wünscht.

Steuergerät

Ein weiterer großer Vorteil der elektronischen Steuerung: Man kann eine Einstellung im Prinzip beliebig oft ablaufen lassen. Ich stelle die Apparatur meist so ein, dass 99 Aufnahmen entstehen. Dann schaltet der Controller ab. Damit sich die Wasseroberfläche zwischen den Aufnahmen komplett beruhigt, bringe ich an den Wannenrändern Wellenbrecher an und stelle die Zeit zwischen 2 Aufnahmen auf 1-2 Minuten. Aller Technik zum Trotz: Für interessante Aufnahmen  benötigt  man viele Ideen zum Versuchsaufbau, Geduld, Beharrlichkeit und vor allem Glück.

Hier noch einige weitere technische Details, die Ihnen weiterhelfen können.

Kamera

Theoretisch ist jede Kamera verwendbar, die von extern gesteuert werden kann. Sinn macht in jedem Fall eine Spiegelreflex- oder Systemkamera mit der Möglichkeit des Objektivwechsels. So kann bevorzugt mit Makro- aber auch guten Zoomobjektiven gearbeitet werden. Außerdem sollten Aufnahmen im RAW-Modus möglich sein. Die Kamera wird üblicherweise auf einem Einstellschlitten an einem Stativ o.ä. angebracht mit dem Höhe und Neigung einstellbar sind.



Kamera auf Einstellschlitten an Stativ

Steuergerät von eltima-electronic

Blitzgeräte

Die Anschaffung der Blitzgeräte kann u.U. die Kosten der Kamera übertreffen. Für die verschiedenen Aufnahmetechniken können durchaus 4 oder mehr Blitzgeräte notwendig sein. Hierbei ist weniger entscheidend, dass die Blitze eine sehr hohe Leitzahl haben. Viel wichtiger ist die Möglichkeit, die Blitzleistung manuell reduzieren zu können, z.B. auf 1/64 oder besser 1/128 der Maximalleistung.

Erst in den unteren Leistungsstufen ist die Blitzabbrennzeit kurz genug, dass Tropfenskulpturen „eingefroren“ werden. Kurz genug heißt nicht länger als 1/10 000 sec, besser 1/20 000 oder 1/30 000.

Ganz wichtig ist, dass die Blitze gleichzeitig zünden. Ist dies nicht der Fall erhält man unscharfe Bilder oder im Extremfall Doppelbelichtungen. Man kann die Blitze drahtlos mittels Sender und aufgesetztem Empfänger zünden. Diese Methode ist aber relativ teuer. Ich steuere den Leitblitz über den Controller. Der Leitblitz wiederum zündet die anderen Blitze zur Objektbeleuchtung optisch. Wichtig ist, dass der Leitblitz nicht auf den Wassertropfen gerichtet ist, da sonst in jedem Fall eine Doppelbelichtung entsteht. Außerdem muss geprüft werden, ob der Leitblitz alle anderen Blitze direkt erreicht. Ansonsten könnte ein Blitz erst durch einen zweiten Blitz ausgelöst werden mit dem Resultat einer Doppelbelichtung. Es macht Sinn, dass die Blitze zur Objektbeleuchtung identisch sind.  

Steuergerät

Ich verwende den Joker2 der Firma eltima-electronic. Mit diesem Gerät lassen sich außer Kamera und Leitblitz noch bis zu 4 Ventile steuern. Auch die Ventile und deren Steuerplatinen beziehe ich von eltima-electronic.

Es gibt noch einige andere Möglichkeiten der Steuerung, über die ich leider nichts sagen kann, da ich deren Funktion nicht geprüft habe.



Blitzgeräte höhen- und neigungsverstellbar

Platinen zur Ventilsteuerung von eltima-electronics

Wasserbecken

Am einfachsten ist eine runde Schüssel. Damit können schon viele kleinere Skulpturen erzeugt und fotografiert werden. Sollen Spiegelungen aufgenommen werden, ist in jedem Fall ein Becken mit einer Länge von mindestens 80 cm erforderlich. Für besonders hohe Skulpturen sollte das Becken noch länger sein. Mein Becken ist 1,40m auf 0,45m. Manchmal wünscht man sich ein noch längeres Becken, aber dann reicht u.U. die Blitzleistung nicht mehr aus und die Bilder werden zu dunkel. Becken kann man sich auf Maß herstellen lassen. Günstiger ist es, geeignete Platten zu kaufen und selbst zu verleimen. In der Regel wird Polymethylmethacrylat (z.B. Plexiglas) verwendet.

Tropfflüssigkeit

Meist verwende ich Wasser, bzw. mit Xanthan angedicktes Wasser. Mit angedicktem Wasser erhält man ein schöneres Tropfenbild und es gibt weniger Spritzer. Bei zu hoher Viskosität ergeben sich aber keine Schirme o.ä. mehr. Nach der Herstellung der Tropflösung muss diese in aller Regel sehr fein filtriert werden, was sehr zeitaufwendig sein kann. Außerdem sollte man die Viskosität vor jeder Aufnahmeserie überprüfen. Das kann man z.B. tun, in dem man in Anlehnung an die Viskositätsmessung mit Hilfe eines Auslaufbechers eine definierte Menge Flüssigkeit durch ein dünnes Rohr laufen lässt und die Durchlaufzeit misst. Bei meiner eigenen Konstruktion benötigt Leitungswasser 8 sec zum Durchlaufen, während ich die Tropfflüssigkeit meist auf 10,5 sec einstelle. Achtung: die Viskosität ist deutlich temperaturabhängig, daher möglichst immer bei vergleichbarer Temperatur arbeiten.

Man kann die Viskosität beispielsweise auch mit Zucker, Salz oder Glycerin beeinflussen. Diese Substanzen haben zusätzlich noch einen Einfluss auf die Dichte der Tropfflüssigkeit. Tropft man in Wasser, so ergeben sich durch die Vermischung oft interessante Strukturen im Tropfengebilde. Durch mikrobielle Verkeimung sind reine Xanthan- oder Zuckerlösungen leider nicht lange haltbar und werden trübe.

Beleuchtung

Klare, auch eingefärbte Tropfen werden in der Regel von hinten, also von der, der Kamera gegenüberliegenden Seite belichtet. Der oder die Blitze dürfen aber nicht direkt auf die Tropfenskulptur gerichtet werden, sondern es wird ein Diffusor dazwischengeschaltet. Es haben sich hierfür spezielle Plexiglasplatten bewährt, die das Licht in der Platte stark streuen und somit gleichmäßig verteilen. Natürlich geht ein Teil der Blitzleistung verloren, aber das ist nicht zu vermeiden.  

Tropfen, die vom Licht nicht komplett durchdrungen werden, blitzt man besser von vorn aus der Richtung der Kamera an.

Spezielle Tipps

Tropfengröße, Aufprallgeschwindigkeit, Energie des fallenden Tropfens

Die Energie eines fallenden Tropfens beim Aufschlag wird im wesentlichen durch 3 Faktoren beeinflusst:

-Die wirksame Höhendifferenz zwischen Wasseroberfläche im Vorratsgefäß und dem Ventil

-Die Öffnungszeit des Ventils

-Die Fallhöhe zwischen Unterkante der Düse und der Wasseroberfläche

Die wirksame Höhendifferenz, aus der der hydrostatische Druck resultiert, ist die Höhe zwischen Ventil und Wasseroberfläche im Vorratsgefäß. Dies gilt allerdings nur für offene Vorratsgefäße. Bei Mariotteschen Flaschen, die für gleichbleibenden hydrostatischen Druck häufig verwendet werden, zählt die Unterkante des in die Flüssigkeit eintauchenden Röhrchen.

Die letztendlich resultierende Energie aus den 3 Faktoren bewirkt Art und Höhe der entstehenden Säule.

Reinigung

Nach jedem Arbeitstag müssen die Vorratsgefäße, Leitungen, Ventile, sprich alle produktberührten Teile mit Wasser gespült werden. Ansonsten zieht ein Xanthanfilm auf, der bei der nächsten Aufnahmeserie die Tropfflüssigkeit beeinflussen kann und spätestens nach 2-3 Tagen zu mikrobiellem Befall führt.

Senkrechte Ventile

Das zentrale Ventil, mit dem eine gerade Säule produziert werden soll, muss möglichst exakt senkrecht ausgerichtet werden. Springt die Säule immer oder häufig auf die gleiche Seite oder nach hinten bzw. vorne weg, ist dies ein Zeichen, dass das  Ventil nicht senkrecht steht. Bei schrägem Ventil erhält der Tropfen eine Rotation, der die Bildung einer geraden Säule verhindert.

Mehrventiltechnik

Wird mit mehreren Ventilen gearbeitet und sollen alle Tropfen auf eine Säule fallen, kann nur ein Ventil senkrecht stehen. In diesem Fall ist es empfehlenswert die Viskosität der Tropfflüssigkeit aus den äußeren, schrägen Ventilen relativ niedrig einzustellen, damit der Tropfen in Richtung mittlerer Düse fliegt und nicht einfach senkrecht nach unten fällt.

Bildbearbeitung

Die Bildbearbeitung führe ich im Wesentlichen mit Lightroom durch. Ich optimiere beispielsweise Dinge wie Helligkeit, Kontrast, entferne unschöne Spritzer und Sensorflecken. Niemals werden irgendwelche zusätzlichen Tropfen in das Bild hineinmanipuliert. Manchmal wird ein Bild z. B. in Schwarz-Weiß umgewandelt, gespiegelt oder ganz schrill farblich manipuliert.



Ein genügender Vorrat geladener Akus ist wichtig

Energiebedarf

Zur Versorgung der diversen Blitzgeräte und des Steuergeräts sind Batterien/Akkus vom Typ AA erforderlich. Bei 4 Blitzgeräten und einem Steuergerät sind daher 19 AA-Zellen im Spiel. Die Verwendung von Batterien wird schnell zum Kostenfaktor. Ich verwende Nickelmetallhydridakkus mit einer sehr geringen Selbstentladung. Auch für die Kamera empfiehlt sich die Anschaffung eines zusätzlichen Akkus.